Der Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission: Unsere Empfehlungen zum Umgang mit den geplanten Änderungen der CSRD

Der Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission: Unsere Empfehlungen zum Umgang mit den geplanten Änderungen der CSRD
22.4.2025
Artikelübersicht

Am 26. Februar 2025 veröffentlichte die Europäische Kommission im Rahmen der Omnibus-Initiative Vorschläge zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Sorgfaltspflichten. Konkret beinhalten die Vorschläge eine deutliche Verringerung des Anwendungsbereichs für Unternehmen, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind sowie Erleichterungen bezüglich der Berichtsinhalte und eine Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte. Die Vorschläge der EU-Kommission markieren den Beginn eines legislativen Prozesses auf EU-Ebene, der nun Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU umfasst. Der folgende Artikel beleuchtet die wesentlichen Änderungsvorschläge und gibt Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die sich mitten im Prozess zum Aufbau der Nachhaltigkeitsberichterstattung befinden.

Die EU-Kommission plant eine weitreichende Anpassung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), um deren Anwendungsbereiche besser aufeinander abzustimmen und die Berichtspflichten für Unternehmen zu vereinfachen. Ein zentraler Vorschlag betrifft die Anhebung der Schwellenwerte für die Berichtspflicht nach der CSRD. Demnach sollen künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und entweder einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet sein. Diese Änderung würde eine deutliche Lockerung gegenüber den bisherigen Kriterien darstellen, die bei 250 Mitarbeitenden und der Erfüllung von zwei der drei genannten finanziellen Schwellenwerte lagen.

Durch diese Anpassung zielt die Kommission darauf ab, den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen um etwa 80 Prozent zu reduzieren, was eine erhebliche Entlastung für kleinere und mittlere Unternehmen bedeuten würde. Zusätzlich sollen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und die Pflichten nach der EU-Taxonomieverordnung überarbeitet werden, um sie mit den neuen Schwellenwerten in Einklang zu bringen. Für Unternehmen der zweiten Anwendungswelle ist eine Verschiebung der Berichtspflichten um zwei Jahre vorgesehen, was ihnen mehr Zeit zur Vorbereitung einräumt. Ein weiterer wichtiger Aspekt der geplanten Änderungen betrifft börsennotierte KMU, die komplett aus dem Anwendungsbereich der CSRD herausfallen würden. Dies stellt eine zusätzliche Erleichterung für diese Unternehmensgruppe dar.

Oftmals sehen sich KMUs als Teil von Lieferketten auch mit umfassenden Anfragen zu ihren Nachhaltigkeitsinformationen von Seitens berichtspflichtiger Unternehmen konfrontiert, was kleinere Unternehmen gerne vor Herausforderungen stellt.  Abhilfe schaffen hier die Voluntary Sustainability Standard for SMEs (VSME), wobei es sich um einen freiwilligen Berichtsstandard handelt, welcher spezifisch für kleine und mittlere Unternehmen konzipiert wurde. Die Anwendung der VSME bietet KMUs Schutz vor übermäßigen oder unkoordinierten Anforderungen großer Unternehmen, da eine einheitliche und transparente Grundlage mit klaren Grenzen gesetzt wird. Dadurch wird der indirekte Berichtsdruck auf kleinere Unternehmen reduziert.

Diese Vorschläge der EU-Kommission sind Teil einer breiteren Initiative zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und zur Entlastung von Unternehmen, insbesondere KMU. Sie zielen darauf ab, die Berichtspflichten zu straffen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die größten und einflussreichsten Unternehmen weiterhin umfassend über ihre Nachhaltigkeitsleistungen berichten.

Wie geht es nun weiter?

Angesichts der zeitlichen Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte der CSRD hat die Europäische Kommission ein zügiges Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen, um betroffene Unternehmen nicht unnötig frühzeitig einer später möglicherweise entbehrlichen Berichtspflicht zu unterwerfen. Die entsprechende Änderungsrichtlinie soll laut EU-Kommission spätestens bis zum 31. Dezember 2025 in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden.  Die Verschiebung des Erstanwendungszeitpunktes um zwei Jahre wurde bereits verabschiedet.

Die inhaltlichen Änderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und zu Sorgfaltspflichten dürften intensivere Diskussionen unter den Mitgesetzgebern, also Europäische Kommission, Europäisches Parlament und EU-Rat, hervorrufen als die Änderungen bezüglich der Erstanwendungszeitpunkte.

Wann das Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene abgeschlossen sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Zudem sieht der derzeitig veröffentlichte Entwurf der Änderungsrichtlinie vor, dass den Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten der Richtlinie zwölf Monate für die nationale Umsetzung eingeräumt werden. In wenigen EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, wurde die CSRD bislang noch nicht in nationales Recht überführt. Für Unternehmen mit Sitz in Deutschland bleibt daher zunächst die bestehende Rechtslage gültig. Das bedeutet, dass weiterhin die Regelungen des HGB in der Fassung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RUG) Anwendung finden, durch das die Vorgaben der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) umgesetzt wurden. Es bleibt daher noch abzuwarten, wie und wann der deutsche Gesetzgeber die europäischen Vorgaben aus dem Omnibus-Paket umsetzen wird.

Wie lauten unsere Handlungsempfehlungen zur CSRD angesichts der aktuell unsicheren Rechtslage?

Im Folgenden betrachten wir zwei mögliche Szenarien und jeweils eine denkbare Vorgehensweise.

Szenario A: Das Unternehmen hat mit der Einführung der Nachhaltigkeitsberichterstattung begonnen, stellt jedoch fest, dass es nun erst zwei Jahre später als angenommen berichtspflichtig sein wird:

1. Schaffung solider Grundlagen:

a. Identifikation relevanter Nachhaltigkeitskennzahlen und -indikatoren
b. Entwicklung von Prozessen und Verantwortlichkeiten zur Datenerfassung und-analyse
c. Aufbau interner Expertise im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung oderentsprechender externer Kooperation

2. Fokussierung auf Datenqualität und-management:

a. Investition in geeignete Software-Lösungen für Datenmanagement und -analyse
b. Entwicklung von Qualitätssicherungsmaßnahmen für die erhobenen Daten
c. Aufbau eines zentralen Datenpools für Nachhaltigkeitsinformationen

3. Etablierung effizienter Erhebungsprozesse:
a. Implementierung standardisierter Verfahren zur Datensammlung verschiedener Abteilungen
b. Schulung der Mitarbeiter in den neuen Prozessen und Tools

4. Einbindung und Entwicklung der Mitarbeiter:
a. Förderung des Bewusstseins für Nachhaltigkeit in der gesamten Belegschaft
b. Aufbau von Kompetenzen und Expertise in verschiedenen Nachhaltigkeitsbereichen
c. Schaffung von Karrieremöglichkeiten im Bereich Nachhaltigkeit und Berichterstattung

5. Optimierung der Abläufe durch frühzeitige Erfahrungen und Feedback-Schleifen

6.  Nutzung der aufgebauten Dynamik:
a. Aufrechterhaltung des Engagements und der Motivation der beteiligten Mitarbeiter
b. Kontinuierliche Verbesserung der Prozesse und Berichtsqualität
c. Entwicklung einer Nachhaltigkeitskultur im Unternehmen

Durch diesen proaktiven Ansatz ist das Unternehmen bestens vorbereitet, wenn die Berichtspflicht in zwei Jahren in Kraft tritt. Es kann von den gesammelten Erfahrungen profitieren und hat effiziente Prozesse etabliert. Dies ermöglicht nicht nur eine reibungslose Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen, sondern positioniert das Unternehmen auch als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung in seiner Branche.

Szenario B: Das Unternehmen hat mit der Einführung der Nachhaltigkeitsberichterstattung begonnen, stellt jedoch fest, dass es nun vielleicht aufgrund seiner Größe in Zukunft nicht mehr berichtspflichtig sein wird.

1. Abschluss der Wesentlichkeitsanalyse (sofern begonnen):

a. Ergebnisse als Grundlage für interne Nachhaltigkeitsstrategien nutzen

b. Einblicke in relevante Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen und seine Stakeholder gewinnen

2. Berücksichtigung des Informationsbedarfs von Stakeholdern:

a. Analyse, ob Kunden weiterhin oder zukünftig Nachhaltigkeitsinformationen erwarten oder fordern

b. Bei vorhandenem Kundenbedarf, Erwägung einer freiwilligen, vereinfachten Berichterstattung (z.B. nach VSME-Standard)

3. Optimierung der Datenerhebung:

a. Fokussierung auf die wichtigsten Kennzahlen für das interne Management

b. Beibehaltung der Datenerfassung in Bereichen von Interesse für Kunden oder Investoren

c. Vereinfachung der Erhebungsprozesse zur Minimierung des Aufwands

4. Anwendung alternativer Berichtsformate:

a. Untersuchung von Optionen wie dem VSME-Standard

b. Evaluation schlankerer, aber aussagekräftiger Berichterstattungsmöglichkeiten

5. Nutzung der gewonnenen Erkenntnisse:

a. Verwendung der gesammelten Daten und Erfahrungen für die interne Nachhaltigkeitssteuerung

b. Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Unternehmensstrategie und -kommunikation

c. Beibehaltung der Fähigkeit zur Berichterstattung für mögliche zukünftige Anforderungen

6. Kontinuierliche Überprüfung und Anpassung:

a. Regelmäßige Überprüfung der Markt- und Regulierungsentwicklungen

b. Anpassung der Strategie und Prozesse basierend auf neuen Erkenntnissen und Anforderungen

Durch diesen angepassten Ansatz kann das Unternehmen die Vorteile seiner bisherigen Bemühungen nutzen, ohne unverhältnismäßige Ressourcen für eine nicht mehr erforderliche umfassende Berichterstattung aufzuwenden. Es behält die Flexibilität, auf zukünftige Anforderungen zu reagieren, und kann gleichzeitig seine Nachhaltigkeitsleistung intern steuern und extern kommunizieren.

Fazit:

Um eine solide Grundlage für die CSRD-Berichterstattung zu schaffen, ist es entscheidend, die Wesentlichkeitsanalyse bis zur Identifikation der wesentlichen IROs (Impacts, Risks, Opportunities) abzuschließen. Dies gewährleistet die erforderliche Prüfungssicherheit der Dokumentation und bildet das Fundament für eine zuverlässige Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitenden sollten unbedingt vermeiden, den Aufbau der zur CSRD-Berichterstattung notwendigen Prozesse auf 2027 zu verschieben. Stattdessen ist es ratsam, die zur Verfügung stehende Zeit effektiv zu nutzen, um sich gründlich und frühzeitig auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Dies ermöglicht eine schrittweise und weniger disruptive Anpassung der Prozesse. Kleinere Unternehmen sollten je nach Kundenbedarf auf vereinfachte Standards wie den VSME zurückgreifen um ihre Daten dennoch strukturiert erfassen und festhalten und damit dem Informationsbedarf von Geschäftspartnern und Finanzierern selbstbewusst begegnen zu können.

Jedes Unternehmen muss seinen individuellen Weg zur CSRD-Compliance finden und die nächsten Schritte entsprechend den eigenen Gegebenheiten und Prioritäten planen. Ein maßgeschneiderter Ansatz berücksichtigt die spezifischen Herausforderungen und Chancen des jeweiligen Unternehmens. Die bevorstehenden Anpassungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung zu optimieren und zukunftssicher zu gestalten. Durch proaktives Handeln können sie nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch ihre Position als verantwortungsbewusste Marktakteure stärken. Der gegenwärtige Zeitpunkt bleibt optimal, um in Bezug auf die CSRD-Vorbereitung aktiv zu bleiben. Unternehmen, die jetzt handeln, verschaffen sich einen Vorsprung und können die Transformation zu einer nachhaltigen Unternehmensführung effektiv gestalten.